Das »Barometer der Energiewende«

Ausgleichskraftwerke 2017

Ausgleichskraftwerke 2017
© Fraunhofer IEE

Die Ausgleichskraftwerke sorgen dafür, dass auch bei Erzeugungsdefiziten ausreichend Leistung bereitgestellt werden kann, um den Bedarf zu jedem Zeitpunkt zu decken. Durch den steigenden Ausbau der volatilen erneuerbaren Energien nehmen Erzeugungsschwankungen zu. Einerseits kann durch Demand-Side-Management der flexible Verbrauch an die Erzeugung angepasst werden, andererseits müssen Ausgleichskraftwerke zur Verfügung stehen, um den nicht flexiblen Verbrauch zu jedem Zeitpunkt zu befriedigen. Der thermische Kraftwerkspark in Deutschland in 2016 ist im linken Balken dargestellt. Kernenergie- und Mineralöl-Kraftwerke stellen den kleineren, Kohle- und Gaskraftwerke den größten Anteil der installierten Leistung bereit [14].

In 2050 sollen ausschließlich Gaskraftwerke installiert sein, die mit erneuerbar erzeugtem Gas betrieben werden. Die Frage nach der notwendigen Installationsleistung ist nicht einfach zu beantworten. Bei der Auslegung des Ausgleichskraftwerks geht es im Kern darum, die Wahrscheinlichkeit für einen signifikanten Einbruch (50 Prozent und mehr) der Erzeugungsleistung über einen längeren Zeitraum (Tage, Wochen) und über ein größeres Gebiet (Durchmesser 500 Kilometer und mehr) zu bewerten. Ein solches Ereignis ist bei dem durch die erneuerbare Erzeugung bestimmten Energieversorgungssystem ein sehr seltenes Wetterereignis. Aufgrund der angenommenen Großräumigkeit des Ereignisses ist dabei auch der Ausgleich des Leistungsdefizits über Ländergrenzen nicht möglich.

Die niedrige Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses ist in Beziehung zu setzen mit der Performanzgüte des deutschen Energiesystems, die nur wenige Minuten Ausfall pro Person und Jahr beträgt. Bei der Bewertung der tolerierbaren Wahrscheinlichkeit für ein solch extremes und systemrelevantes Wetterereignis muss der Betrachtungszeitraum über 10 bis 100 Jahre gespannt werden. Methodisch kann die Bewertung solcher Ereignisse nicht aus den verfügbaren Zeitreihen, die nur für wenige Jahre in der jüngeren Vergangenheit zur Verfügung stehen, gewonnen werden. Sie muss aus grundsätzlichen Überlegungen zur Auftrittswahrscheinlichkeit meteorologischer und geologischer Extrem-Ereignisse resultieren.

Beantwortet man die Frage nach der notwendigen Ausgleichsleistung szenario-basiert unter Berücksichtigung lediglich eines Wetterjahres (hier 2011), zeigen die Szenario-Ergebnisse für Deutschland im europäischen Verbundnetz einen Bedarf an Ausgleichsleistung von 18 GW. Sind Leistungsimporte während der Defizitzeiten nicht möglich, ergibt sich ein Bedarf von 66 GW [15]. Es müssten dann zusätzlich 46 GW Leistung an Gaskraftwerken installiert werden, um unabhängig von Importmöglichkeiten den Leistungsbedarf in Deutschland selbst zu decken. Die Kosten, die durch diese zusätzlichen Gaskraftwerke von 46 GW entstehen würden, betragen etwa 2 Mrd € pro Jahr für Abschreibung der Investitionen und Betriebskosten [15]. Bezogen auf die jährlichen Kosten für den Ersatz und den Betrieb der Windenergie- und Photovoltaikanlagen in 2050, liegt der Anteil der Kosten für die zusätzlichen Gaskraftwerke bei gerade einmal 3 Prozent.

Quellen

[14] Bundesnetzagentur BNetzA: Kraftwerksliste. (Abrufdatum 20.07.2018)
[15] Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE: Analyse eines europäischen -95%- Klimazielszenarios über mehrere Wetterjahre. Teilbericht. Kassel 2017