Das »Barometer der Energiewende«

Ausgleichskraftwerke 2016

Die Ausgleichskraftwerke müssen dafür sorgen, dass auch bei Erzeugungsdefiziten ausreichend Leistung bereitgestellt werden kann um den Bedarf zu jedem Zeitpunkt zu decken. Durch den steigenden Ausbau der volatilen erneuerbaren Energien nehmen Erzeugungsschwankungen zu. Einerseits kann durch Demand-Side-Management der flexible Verbrauch an die Erzeugung angepasst werden, andererseits müssen Ausgleichskraftwerke zur Verfügung stehen um den nicht flexiblen Verbrauch zu jedem Zeitpunkt zu befriedigen. Der thermische Kraftwerkspark in Deutschland in 2016 ist im linken Balken dargestellt. Kernenergie und Mineralöl-Kraftwerken stellen den kleineren, Kohle- und Gaskraftwerke den größten Anteil der installierten Leistung bereit [18].

In 2050 sollen ausschließlich Gaskraftwerke installiert sein, die mit erneuerbar erzeugtem Gas betrieben werden. Die Frage nach der notwendigen Installationsleistung ist nicht einfach zu beantworten. Bei der Auslegung des Ausgleichskraftwerks geht es im Kern darum, die Wahrscheinlichkeit für einen signifikanten Einbruch (50 Prozent und mehr) der Erzeugungsleistung über einen längeren Zeitraum (Tage, Wochen) und über ein größeres Gebiet (Durchmesser 500 km und mehr) zu bewerten. Ein solches Ereignis ist bei dem durch die Erneuerbare Erzeugung bestimmten Energieversorgungssystem ein sehr seltenes Wetterereignis. Aufgrund der angenommenen Großräumigkeit des Ereignisses ist dabei auch der Ausgleich des Leistungsdefizits über Ländergrenzen nicht möglich.

Die niedrige Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses ist in Beziehung zu setzen mit der Performanz-Güte des deutschen Energiesystems, die nur wenige Minuten Ausfall pro Person und Jahr beträgt. Bei der Bewertung der tolerierbaren Wahrscheinlichkeit für ein solches, extremes, systemrelevantes Wetterereignis muss der Betrachtungszeitraum über 10 bis 100 Jahre gespannt werden. Methodisch kann die Bewertung solcher Ereignisse nicht aus den verfügbaren Zeitreihen hoher Qualität, die nur für wenige Jahre in der jüngeren Vergangenheit zur Verfügung stehen, gewonnen werden. Sie muss aus Überlegungen meteorologischer und geologischer Ereignisse resultieren.

Beantwortet man die Frage nach der notwendigen Ausgleichsleistung szenariobasiert unter Berücksichtigung lediglich eines Wetterjahres (hier 2011), zeigen die Szenarioergebnisse für Deutschland im europäischen Verbundnetz einen Bedarf an Ausgleichsleistung von 16 GW. Sind Leistungsimporte während den Defizitzeiten nicht möglich, ergibt sich ein Bedarf von 65 GW [19]. Es müssten dann zusätzlich 50 GW Leistung an Gaskraftwerken installiert werden, um unabhängig von Importmöglichkeiten den Leistungsbedarf in Deutschland selber zu decken. Die Kosten die durch diese zusätzlichen Gaskraftwerke von 50 GW entstehen würden, betrügen etwa 2 Mrd € pro Jahr [19, 21]. Bezogen auf die jährlichen Kosten für den Ersatz und Betrieb der Windkraftanlagen und Photovoltaikmodulen in 2050, liegt der Anteil der Kosten für die zusätzlichen Gaskraftwerke bei gerade einmal 3 Prozent.

Quellen

[18]    Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur, BNetzA, 2016
[19]    Analyse eines europäischen -95%-Klimazielszenarios über mehrere Wetterjahre. Teilbericht, Gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Fraunhofer IWES, Kassel 2017
[21]    Transformationsprozess zum treibhausgasneutralen und ressourcenschonenden Deutschland, Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes, unveröffentlicht, ifeu, Fraunhofer IWES, Consideo u. SSG